S2k-Leitlinie 179-014 "Lebenslange Nachsorge für Menschen mit Querschnittlähmung" ist online
Registernummer 179 – 014
Art der Veröffentlichung: Guideline
Version 1.0
Die Leitlinie „Lebenslange Nachsorge für Querschnittlähmung“ ist ein evidenz- und konsensus-basiertes Instrument, um die lebenslange und ganzheitliche Betreuung von Personen mit Querschnittlähmung, speziell im Hinblick auf die kontinuierliche Verbesserung der Qualität unter Berücksichtigung von individuellen Bedürfnissen, Wirksamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu beschreiben.
Eine Querschnittlähmung (durch eine angeborene oder erworbene traumatische, oder nicht-traumatische Ursache) ist ein Lähmungsbild mit Ausfall motorischer, sensibler und vegetativer (autonomer) Funktionen durch eine Schädigung des Rückenmarkes. Durch den Verlust der motorischen, sensorischen und vegetativen (autonomen) Funktionen unterhalb der Läsion sind viele Organsystemen betroffen und deshalb sind die Folgen eine Querschnittlähmung vielfältig und komplex. Die Erstrehabilitation findet in der Regel stationär in einem spezialisierten Querschnittszentrum statt, nach Entlassung aus der Erstrehabilitation werden regelmässige ambulante Verlaufskontrollen durchgeführt. Die lebenslange Nachsorge ist wichtig, um medizinischen Problemen vor zu beugen, frühzeitig zu diagnostizieren und den Rehabilitationsprozess im ambulanten Verlauf regelmässig zu überprüfen und an zu passen. Personen, welche nach der stationären Erstrehabilitation nicht regelmässig in einem spezialisierten Zentrum ambulant kontrolliert werden, zeigen ein erhöhtes Mortalitätsrisiko (für traumatische Querschnittlähmung: Hazard Ratio 3.62; CI=2.18-6.02) [1]. In den ambulanten Verlaufskontrollen geht es in den ersten Monaten bzw. dem ersten Jahr nach Entlassung vor allem darum, den Übergang von der stationären Behandlung in die Situation zu Hause ganzheitlich zu begleiten, aufkommende medizinische Probleme rechtzeitig zu erkennen, den Rehabilitationsprozess mit den Therapien, der sozialen und beruflichen Eingliederung weiterzuführen. Im Langzeitverlauf werden dieselben Aspekte weiterhin regelmässig überprüft und zwar in Form von umfassenden, interdisziplinären paraplegiologischen Verlaufskontrollen wobei neben querschnittlähmungsassoziierten Problemen (i.B. Screening für Blasenkarzinom, Atemfunktion und Schulterproblematik) auch altersbedingte Gesundheitsthemen (z.B. Risiko für kardiovaskuläre Krankheiten, degenerative Veränderungen aber auch zunehmende Schwierigkeiten bei der Alltagspflege oder dem Transport) evaluiert werden.
Obwohl es etabliert ist, dass Personen mit einer Querschnittlähmung eine lebenslange und ganzheitliche Nachsorge benötigen, besteht für den Inhalt und die Frequenz der Kontrollen nur wenig Evidenz und Konsens. Klar definierte Verlaufskontrollen bezüglich Inhalt und Frequenz der Nachsorge (so genannte „Clinical Practice Guidelines“) für Personen mit einer Querschnittlähmung sind zwingend notwendig, um den Personen die bestmögliche medizinische Behandlung anbieten zu können. Diese zielt unter anderem auf die kontinuierliche Verbesserung der Qualität ab (Evaluation und Vergleichbarkeit der Versorgungsqualität) und berücksichtigt individuelle Bedürfnisse, Wirksamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit. Mit der „Empfehlung zur Prävention für Menschen mit einer Querschnittlähmung-Vorsorge und Nachsorge I“ und der in 2013 überarbeiteten „Empfehlung zur Prävention für Menschen mit einer Querschnittlähmung-Vorsorge und Nachsorge II“ [2], wurde durch die Zusammenarbeit der Schweizer Querschnittzentren eine standardisierte, evidenz- und konsensbasierte, lebenslange Vorsorge und Nachsorge von Personen mit Querschnittlähmung bestmöglich abgedeckt. Die aktuelle Leitlinie „Lebenslange Nachsorge für Menschen mit Querschnittlähmung“ ist eine Überarbeitung, Vertiefung und Ausweitung der bestehenden Empfehlung, basiert auf dem neusten Wissensstand. Die Leitlinie enthält Empfehlungen für den Inhalt und die Frequenz der medizinischen Kontrollen nach Austritt aus der Erstbehandlung. Wo vorhanden, ist die Evidenz aus der Literatur beschrieben. Leitlinien sind keine rechtlichen Dokumente, aber geben Empfehlungen ab für die Beurteilung von Personen mit einer Querschnittlähmung basierend auf der aktuellen Evidenz der Forschung und der Expertenmeinung. Von den Empfehlungen dieser Leitlinie kann deshalb in gewissen Situationen abgewichen werden. Ob einer bestimmten Empfehlung gefolgt wird, muss von den zuständigen Ärzten und Therapeuten jeweils unter Berücksichtigung der Situation des Patienten und der vorliegenden Gegebenheiten und verfügbaren Ressourcen entschieden werden.
- Stand: 02.12.2022
- gültig bis: 01.12.2027