Hilfe und Tipps zu Planung und Organisation
An dieser Stelle haben wir alle Tipps und Hilfestellungen gesammelt, die unter dem Thema Planung und Organisation zu finden sind.
Begründung für die Auswahl / Aktualisierung eines LL-Themas
Überlegen Sie, warum Sie dieses Leitlinienthema ausgewählt haben. Kriterien für die Auswahl eines Leitlinienthemas können z.B. sein:
- Optimierungs- und / oder Verbesserungspotential der Versorgungsqualität, dem durch eine Leitlinie begegnet werden kann
- Häufigkeit des Versorgungsaspekts (z.B. Prävalenz, Inzidenz)
- Praxisvariation (z.B. regionale Versorgungsunterschiede)
- Individuelle oder bevölkerungsbezogene Krankheitslast
- Informationsbedarf bei neuen Gesundheitstechnologien (z.B. Programme, Arzneimittel, Geräte, OP-Techniken)
- Koordinationsbedarf (z.B. interdisziplinär, interprofessionell, intersektoral)
- Ökonomische Bedeutung (aus volkswirtschaftlicher Perspektive)
- Ethische und soziale Aspekte (z.B. Versorgungsgerechtigkeit, Zugang)
Es empfiehlt sich, die Gründe für die Auswahl zu dokumentieren.
Zielorientierung der Leitlinien
Beispiel für die Formulierung eines allgemeinen Zieles:
Verbreitung evidenzbasierter Empfehlungen, mit deren Hilfe man Entscheidungen in der medizinischen Versorgung auf eine rationalere Basis stellen kann. Auf diesem Weg sollen die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität der Versorgung verbessert und die Stellung der Patient*innen gestärkt werden.
Beispiel für die Formulierung eines spezifischen Zieles:
Verringerung der Rate vaskulärer Sekundärkomplikationen bei Patient*innen nach akutem ischämischem Insult.
Stufenklassifikation nach Systematik
Zusammensetzung der Leitliniengruppe
Im Allgemeinen informiert der/die Initiierende / Koordinierende / das Leitliniensekretariat des Leitlinienprojektes im Abgleich mit den Adressat*innen die relevanten Fachgesellschaften und Organisationen über das geplante Projekt und lädt diese zur Mitarbeit ein (siehe Anhang 1). Die Anzahl der federführenden Fachgesellschaften/Organisationen sollte nach Möglichkeit drei nicht übersteigen, um ein effizientes Projektmanagement zu gewährleisten. Jede Fachgesellschaft sollte für sich ein Standardprozedere zur Nominierung von Mandatstragenden festlegen.
Musterbrief „Benennung von Mandatstragenden“
Die Mandatstragenden vertreten mit ihrer fachlichen Expertise die Fachgesellschaft/ Organisation. Erfahrungen mit der Erstellung und Umsetzung von Leitlinien sind wünschenswert. Mandatstragende arbeiten bei der Leitlinienerstellung mit und berichten Ergebnisse im laufenden Leitlinienprozess an die sie mandatierende Fachgesellschaft/Organisation. Die Rollen und Aufgaben von Mandatstragenden in Bezug auf aktive Mitarbeit, Berichterstattung an ihren Vorstand während des Erstellungsprozesses (inkl. etwaiger Besonderheiten, wie kurze Fristen bei „Living Guidelines“ siehe Planung der Aktualisierung) und im Rahmen der Gesamtverabschiedung durch die mandatierende Fachgesellschaft/Organisation sollten frühzeitig, idealerweise im Rahmen der konstituierenden Treffen der Leitliniengruppe geklärt und festgelegt werden.
Im Hinblick auf die Abbildung der Betroffenenperspektive ist zunächst an die Beteiligung von Organisationen der Selbsthilfe zu denken, die sich zum Leitlinienthema engagieren und, falls solche nicht gefunden werden, an Dachverbände der Selbsthilfe wie z.B. die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe (BAG), die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen (DAG-SHG) oder die Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung der Selbsthilfe (NAKOS). Wenn dies nicht möglich ist, sollte zur Ergänzung des Wissens eine orientierende Literatursuche nach Studien zur Perspektive der betroffenen Patient*innen/Bürger*innen oder eine Befragung derselben in Form eines Surveys oder einer Fokusgruppe durchgeführt werden (9).
Die Anmeldung von Leitlinienprojekten ist im AWMF-Register öffentlich zugänglich und kann über einen RSS-Feed abgerufen werden. So können sich auch bisher nicht beteiligte Fachgesellschaften/Organisationen bei den Koordinierenden zur Mitarbeit melden. Koordinierenden wird empfohlen, Möglichkeiten der Beteiligung oder Gründe für eine Nicht- Beteiligung im Dialog mit Anfragenden zu klären und das Ergebnis im Leitlinienreport zu dokumentieren.
Bei der Zusammensetzung der Leitliniengruppe sind folgende Fragen zu beantworten:
- Wer ist von den Empfehlungen betroffen und wen beziehe ich demzufolge ein?
- Wer kann wie zum Gelingen des Projektes beitragen (klinische, persönliche, methodische Expertise, Perspektive und Erfahrungen)?
- Wie kann die Perspektive von betroffenen Patient*innen/Bürger*innen einbezogen werden: direkt durch Beteiligung entsprechender Organisationen/Personen oder indirekt über eine Literatursuche, durch Befragen von Fokusgruppen oder Durchführen eines Surveys?
Finanzierungskonzept
Bei der Finanzierung zu berücksichtigen:
- Planung und Organisation
- Planung und Organisation Leitlinienentwicklung
- Redaktion und Verbreitung Implementierung
- Evaluierung und Planung der Aktualisierung
Variablen, die je nach spezifischer Projektplanung zur Einschätzung des zeitlichen Aufwandes und der Kosten notwendig sind
- Anzahl der Fragestellungen
Formulierung von klinisch relevanten Fragestellungen
- Recherchen und Evidenzbewertungen
- Datenbanken (z.T. kostenpflichtig)
- Literaturbestellung (z.T. kostenpflichtig)
- Ein- und Ausschlusskriterien (Sensitivität / Spezifität), Umfang des sich zu ergebenden Sichtungsbedarfs (Abstract / Volltext)
- Textumfang / Struktur der Leitlinie
- Personalkosten (Sekretariate, LL-Infrastruktur, Moderator*innen, Beauftragung externer Methodiker*innen etc.)
- Sachkosten (Büro, Kommunikationskosten, Material)
- Reisekosten bei Konsensuskonferenzen und Arbeitssitzungen
- Raum- und TED-Kosten für Konferenzen
- Kosten für digitale Werkzeuge (z.B. digitale Konferenzplattform, Literaturverwaltungsprogramm)
- Review / Konsultationsverfahren
- Verabschiedung durch die Präsidien und/oder Beauftragte der Fachgesellschaften
- Publikation, Lay-Out, Übersetzung
- Implementierungsvorbereitung (Patient*innen-Leitlinien, Qualitätsindikatoren etc.)
- Geplantes Engagement und zeitliche Ressourcen der Koordinierenden, Expert*innen und Patient*innen/Bürger*innen
Beispiele zu Finanzierungsbeiträgen zu Leitlinienprojekten
- „Eigenbeiträge“ von Aktiven in den Leitliniengruppen
- Wissenschaftliche Fachgesellschaften
- Unabhängige Fördereinrichtungen (Stiftungen)
- Leitlinienprogramme (Programm für Nationale Versorgungsleitlinien von Bundesärztekammer, Kassenärztlicher Bundesvereinigung und AWMF - NVL- Programm -, Leitlinienprogramm Onkologie von AWMF, Deutscher Krebsgesellschaft und Deutscher Krebshilfe - OL-Programm)
- Förderungsoptionen nach dem Digitale Versorgunggesetz, Sozialgesetzbuch (SGB) V § 92a+b (Förderung ganzer Leitlinien über den Innovationsfonds) und §139 Förderung von Evidenzrecherchen zu einzelnen Fragestellungen durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)
- Andere
- Organisationen von/mit Patient*innen (Ligen, Verbände der Selbsthilfe)
- Themenbezogene Arbeitsgemeinschaften – Vereine
- Fördervereine
- Einrichtungen der Selbstverwaltung
- Kostenträger
Formulierung von klinisch relevanten Fragestellungen, Priorisierung von Endpunkten
Es ist sinnvoll, die klinisch relevanten Fragestellungen im Rahmen eines ersten Konsensustreffens der gesamten Leitliniengruppe zu diskutieren und festzulegen, um den Arbeitsrahmen für die Leitliniengruppe einzugrenzen.
Bei der Festlegung der Fragestellungen ist die Festlegung der Endpunkte von zentraler Bedeutung.
Die Endpunkte können gesammelt und anhand einer Likert-Skala priorisiert werden (7-9 kritisch für die Entscheidungsfindung, 4-6 wichtig, 1-3 weniger wichtig). (siehe Abbildung 2 und Konstituierende Treffen).
Abbildung 2: Bewertung der Relevanz der Endpunkte (Outcomes)
Nicht jede Fragestellung kann und muss auf eigenen systematischen Recherchen begründet werden, eine Beantwortung im Expert*innenkonsens ist in begründeten Fällen möglich bei fehlender aussagekräftiger Evidenz und Vorliegen eines Versorgungsproblems (6). Gründe für die Priorisierung der Bearbeitungsstrategie sollten im ersten Treffen besprochen und dokumentiert werden.
Bei der Formulierung der Fragestellungen nach dem PICO Schema kann es zielführend sein, auch das jeweilige Setting festzulegen. Bei nicht-interventionellen Fragestellungen (z.B. prognostischen) sind ggf. nur einzelne Elemente des PICO-Schemas anwendbar.
Abbildung 3: PICO(S)-Schema
Beispiel einer klinisch relevanten Fragestellung:
Wie ist der Stellenwert der pharmakotherapeutischen Sekundärprävention nach akutem Schlaganfall?
Beispiel für die Präzisierung einer suchtauglichen Fragestellung nach dem PICO-Schema:
Ist bei
P = Patient*innen nach akutem Schlaganfall (ischämischer Insult)
I = das Medikament Clopidogrel
C = verglichen mit ASS (Acetylsalicylsäure)
O = wirksamer hinsichtlich der Vermeidung künftiger Schlaganfälle?
Ggf. zusätzlich:
S = in der ambulanten Versorgung.
Erklärung von Interessen und Umgang mit Interessenkonflikten
AWMF Web-Portal „Interessenerklärung Online“ zur Verwaltung von Interessenerklärungen und deren Bewertungen - in Kooperation mit der Clinical Guidelines Services (CGS)-GmbH. Leitlinienbeauftragte von AWMF- Mitgliedsfachgesellschaften beantragen ein Fachgesellschafts-spezifisches Passwort. Leitlinienkoordinierende legen nach Einladung durch die Leitlinienbeauftragten ihr Projekt an und ermöglichen den Leitliniengruppenmitgliedern projektbezogenen Zugang. Leitlinienautor*innen können bereits angelegte Erklärungen nach aktiver Zustimmung auch für andere Leitlinienprojekte weiterverwenden.