Konstituierende Treffen
- Gewährleistung einer neutralen Moderation (z.B. AWMF-Leitlinienberater*in)
- Rechtzeitige Festlegung eines Termins (Datum, Uhrzeit, Ort)
- Überlegung, ob die Konferenz als Präsenztreffen oder als Webkonferenz stattfinden soll
- Organisation bei Präsenztreffen von Raum, Catering, Medien für die Konsensuskonferenz (z.B. Laptop, Beamer), bei Webkonferenz Festlegung des Online-Meeting-Werkzeugs, Klärung technischer Fragen für die Teilnehmenden, Möglichkeit eröffnen, auch per Telefon teilzunehmen, ggf. Bereitstellen eines TED (Teledialog)-Systems zur Abstimmung bei Präsenz- oder Webkonferenz
- Die Fachgesellschaften sollten bereits ihre Mandatstragenden benannt haben
- Rechtzeitige Einladung und Versendung von Unterlagen für das Treffen an alle Mitglieder der Leitliniengruppe und, sofern eingeplant, externe Moderator*innen sowie ggf. weitere Teilnehmende (Beobachtende, externe Expert*innen)
Systematische Recherche
Detaillierte Hilfen zu Datenbanken sowie die Planung und Durchführung der Suchstrategie finden sich im Manual „Systematische Recherchen für Evidenzsynthesen und Leitlinien“ (7).
Datenbanken für die Recherche können u.a. sein:
- Cochrane Library (mit Teildatenbanken wie z.B. CENTRAL für kontrollierte Studien)
- Medline (via PubMed oder Ovid)
- Embase (kostenpflichtig)
- Themenspezifische Datenbanken, z.B. PsycINFO der American Psychological Association (APA PsycInfo), The Cumulative Index to Nursing and Allied Health Literature (CINAHL), Physiotherapy Evidence Database (PEDro)
- Leitlinien-Datenbanken (z.B. AWMF, Guidelines International Network (G-I-N))
- Weitere Quellen
- IQWiG, ggf. weitere HTA Institute
- Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA)
- Homepages deutscher/weiterer Fachgesellschaften/Organisationen (z.B. The National Institute for Health and Care Excellence, NICE)
- Studienregister, z.B. ClinicalTrials.gov der U.S. National Library of Medicine oder Deutsches Register Klinischer Studien (DRKS)
Für evidenzbasierte Leitlinien empfiehlt es sich, nach der Auswahl der Datenbanken Suchbegriffe (Medical Subject Headings (MeSH), Freitextangaben), Recherchezeitraum, Studiendesign und mögliche Einschränkungen (z.B. nur Kinder oder Erwachsene) der Suche(n) in Abstimmung mit der Steuergruppe, bzw. der/den jeweiligen Arbeitsgruppe(n) oder ggf. der gesamten LL-Gruppe (z.B. im E-Mail-Umlauf) festzulegen, um sicher zu gehen, dass alle relevanten Suchbegriffe berücksichtigt wurden.
Es sollte geprüft werden, ob eine Anpassung der Suchbegriffe an unterschiedliche Datenbanken erforderlich ist. Die Zusammenarbeit mit Informationsspezialist*innen (z.B. Bibliothekar*innen) ist empfehlenswert.
Entsprechend den im Vorfeld festgelegten Ein- und Ausschlusskriterien (siehe Auswahl der Evidenz) kann es für die Recherche hilfreich sein, sogenannte Suchfilter (logische Verknüpfung charakteristischer Schlagworte) einzusetzen.
Auswahl der Evidenz
Geprüfte Suchfilter für aggregierte Evidenz, Primärstudien und Leitlinien finden sich im Manual „Systematische Recherchen für Evidenzsynthesen und Leitlinien“ (7). Ein Beispiel für eine sehr einfache, stark eingrenzende Suche findet sich in Abb. 5.
Bei jeder Suche: Dokumentation der Suchstrategie mit Datum nicht vergessen!
Abbildung 5: Dokumentation einer spezifischen/eingrenzenden Suchstrategie in Medline via Pubmed
Auswahl der Evidenz
Zu den Ein- und Ausschlusskriterien können u.a. zählen:
- Alter, Geschlecht, Krankheitsstatus oder Komorbiditäten
- Intervention/Vergleichsgruppe
- Nachbeobachtungszeit/Setting
- Studien- oder Publikationstyp
- Sprache
Die Ausschlussgründe können auch auf Titel/Abstract-Ebene zusammenfassend dargelegt werden. Ausschlussgründe für geprüfte Volltexte sollten pro Publikation erfasst werden (s. Abb. 6). Kongressbeiträge (z.B. Abstracts) sollten in der Regel nicht als Evidenzgrundlage akzeptiert werden.
Steuern Leitliniengruppenmitglieder zusätzliche Literatur bei, sollte auch dies angegeben werden. Für die Dokumentation des Auswahlprozesses hat sich das PRISMA-Flowchart bewährt (1).
Die Speicherung der Literatur ab dem Schritt der Volltextsichtung in einem Literaturverwaltungsprogramm, das für die gesamte Leitliniengruppe zugänglich ist, wird empfohlen.
Wichtig: Auch den Auswahlprozess bei der Dokumentation der Suche aufführen!
Abbildung 6: Beispiel-Dokumentation einer Recherche
Kritische Bewertung der Evidenz
Idealerweise führen methodisch und klinisch Erfahrene/Expert*innen in enger Absprache die Evidenzbewertung durch. Die Bewertung kann zentral oder von Arbeitsgruppenmitgliedern vorgenommen werden. Hilfreiche Hinweise für die Durchführung der kritischen Bewertung finden sich in den Manualen des Deutschen Cochrane Zentrums und des AWMF-IMWi (3, 12). Für die methodische Bewertung eignen sich folgende Checklisten/Instrumente:
- für systematischen Übersichtsarbeiten ohne und mit Metaanalysen: die AMSTAR (A MeaSurement Tool to Assess systematic Reviews) - Checkliste (13). Seit 2017 überarbeitet als AMSTAR-II Checkliste mit expliziter Berücksichtigung des Einschlusses von randomisierten, aber auch nicht-randomisierten Studien (14-16).
- für Leitlinien: das AGREE-II Instrument (6). Sind keine Ressourcen für eine ausführliche Bewertung vorhanden, kann die Bewertung auf Domäne 3 (Genauigkeit der Leitlinienentwicklung) und Domäne 6 (redaktionelle Unabhängigkeit) eingegrenzt werden. Bei Übernahme einzelner LL-Empfehlungen sollten für die Leitlinien-Nutzenden die Vertrauenswürdigkeit der Quellleitlinie durch Übernahme der Evidenz- und Empfehlungsgrade sowie der dort zitierten Studien ersichtlich sein sowie die Bewertung etwaiger zusätzlicher Literatur aufgrund von Aktualisierungsrecherchen (7, 17).
- für Primärstudien (abhängig vom Studiendesign): das Cochrane Risk of Bias Tool I oder II für randomisierte Studien, sowie das Instrument zur Bewertung von nicht-randomisierten Interventionsstudien (3, 12, 18-20). Checklisten mit Ausfüllhilfen stellt auch z.B. das Scottish Intercollegiates Guideline Network (SIGN) zur Verfügung (21).
Evidenzbewertungs- und -graduierungssysteme
Beim GRADE Ansatz wird die verfügbare Evidenz aus der Endpunkt- bzw. Outcome-Perspektive betrachtet (Bewertung der Gesamtheit der Studien als „body of evidence“ für jeden relevanten Endpunkt, s. Abb. 7 und 8. Die Gesamtheit der eingeschlossenen Studien zu einer Fragestellung wird nicht nur im Hinblick auf ihr Verzerrungsrisiko aufgrund des Studiendesigns bewertet, sondern auch in Bezug auf Indirektheit, Heterogenität bzw. mangelnde Präzision der Ergebnisse sowie Publikationsbias. Eine Aufwertung ist u.a. bei großem Effekt möglich (9, 22-27).
Abbildung 7: Vierstufige Evidenzbewertung nach GRADE
Formulierung und Graduierung von Empfehlungen
Es existieren verschiedene Schemata zur Graduierung von Empfehlungen. Eine Überlegenheit einer bestimmten Formulierung hat sich bisher nicht gezeigt (11). Negative Empfehlungen wurden in Untersuchungen von Leitlinien-Nutzenden und -Erstellenden verbindlicher wahrgenommen als positive (12, 13). Empfohlen wird die Verwendung des aufgeführten dreistufigen (siehe Tabelle 4) oder zweistufigen Schemas (siehe Tabelle 5 – Schema nach GRADE), es sind unterschiedliche Formulierungen gebräuchlich.
Tabelle 3: Dreistufiges Schema zur Graduierung von Empfehlungen
Tabelle 4: Zweistufiges Schema zur Graduierung von Empfehlungen (GRADE)
Auch bei Nutzung des Schemas nach GRADE kann eine offene Empfehlung vergeben werden. Dies sollte im Leitlinientext begründet werden, da GRADE in Situationen der Unsicherheit des Wissens bevorzugt empfiehlt, diese zu adressieren und auf eine Empfehlung zu verzichten.
Um die Unterscheidung der Empfehlungsstärken deutlich zu machen, können ergänzend Symbole verwendet werden, dies ist auch bei konsensbasierten Empfehlungen möglich siehe Tab. 4 und 5 (14).
Damit die Entscheidung für eine bestimmte Empfehlungsstärke für alle Beteiligten und auch für die Leitlinien-Nutzenden nachvollziehbar ist, ist eine strukturierte Darlegung der Entscheidungskriterien hilfreich (15, 16). Dies ist in digitalen Leitlinienwerkzeugen einfach möglich siehe Abb. 8 (16, 17).
Abbildung 9: Beispiel für die strukturierte Darlegung von Entscheidungskriterien für eine Empfehlung: GRADE Evidence to Decision Framework (EtD) in der Ansicht der GRADEpro Software
Strukturierte Konsensfindung
- Rechtzeitige Festlegung eines Termins (Datum, Uhrzeit, Ort)
- Organisation von Raum, Catering, Medien für die Konsensuskonferenz (z.B. Laptop, Beamer, ggf. TED-System bei größeren Gruppen) oder der Webkonferenz (Sicherstellen, dass alle Teilnehmenden die erforderlichen technischen Voraussetzungen erfüllen, ggf. Einwahl auch per Telefon ermöglichen)
- Rechtzeitige Einladung der Leitliniengruppe (Moderator*innen, Arbeitsgruppe, Mandatstragende, ggf. zusätzliche Teilnehmende wie Methodiker*innen oder Einzel- Expert*innen ohne Stimmrecht)
- Rechtzeitige Versendung von Unterlagen zur Vorbereitung der Konferenz und Information der Teilnehmenden
- Entwurfsversionen von Langversion und Leitlinienreport
- Abstimmungsvorlage für abzustimmende Empfehlungen und Aussagen (Textverarbeitungsformat, kein Präsentationsformat verwenden)
Anhang 8: Musterbrief „Einladung zur Konsensuskonferenz“
Anhang 9: Formale Konsensfindungstechniken
Tabelle 5: Feststellung der Konsensusstärke
starker Konsens | Zustimmung von > 95 % der Teilnehmenden |
Konsens | Zustimmung von > 75 - 95 % der Teilnehmenden |
Mehrheitliche Zustimmung | Zustimmung von > 50 - 75 % der Teilnehmenden |
Keine mehrheitliche Zustimmung | Zustimmung von ≤ 50 % der Teilnehmenden |
Ein Konsens mit Annahme der Empfehlung ist bei einer Zustimmung von > 75% der abstimmenden Mandatstragenden erzielt. Enthaltungen aufgrund von Interessenkonflikten werden von der Grundgesamtheit der abstimmenden Mandatstragenden abgezogen.
Umgang mit begründetem Dissens:
Wird lediglich eine mehrheitliche Zustimmung oder kein Konsens zu einer Empfehlung erzielt oder Dissens festgestellt, wird dieses Ergebnis ebenfalls in der Leitlinie an entsprechender Stelle und im Leitlinienreport dokumentiert.
Prinzipiell bestehen folgende Möglichkeiten zur Darlegung von Dissens:
- Die Fachgesellschaft beantragt die Aufnahme eines Sondervotums oder die Darlegung des begründeten Dissens zu den Aussagen, die nicht mitgetragen werden können. Dieses Sondervotum wird von der Fachgesellschaft selbst als konkreter Alternativvorschlag mit nachvollziehbarer Begründung formuliert und in die Leitlinie aufgenommen.
- Die Fachgesellschaft beantragt Klarstellung im Leitlinienreport, dass sie am Entwicklungsprozess beteiligt war, jedoch den finalen Text der Leitlinie nicht mitträgt. Der Leitlinientext bleibt in diesem Fall unverändert in der Fassung, die von den Mitgliedern der Leitliniengruppe konsentiert und von den anderen Fachgesellschaften verabschiedet wurde.
- Die Fachgesellschaft zieht ihre Beteiligung zurück und wird nicht mehr als Beteiligte genannt. Der Leitlinientext bleibt auch in diesem Fall unverändert wie unter 2.
- Die anderen beteiligten Fachgesellschaften entscheiden über Fortführung der Verhandlungen oder Herausgabe der Leitlinie ohne Beteiligung der Fachgesellschaft, die den Konsens nicht mitträgt.
Zur Priorisierung der Forschungsfragen können die Kriterien hilfreich sein, die auch für die Auswahl von Leitlinienthemen sinnvoll sind, wie z.B. Krankheitslast oder Praxisvariation in der Versorgung.
Begründung für die Auswahl des Leitlinienthemas
Die Eingrenzung kann – bezogen auf einen Themenkomplex oder auf alle Themen einer Leitlinie - mittels Befragung der Leitliniengruppenmitglieder anhand einer Likert-Skala erfolgen.
Um bei gesehenem Bedarf Forschungsausschreibungen anzuregen, kann der Forschungsbedarf z.B. Forschungsfördernden wie dem BMG, BMBF, deutsche Krebshilfe (DKH), Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) oder dem Innovationsausschuss am G-BA zur Kenntnis gebracht werden.
Benennung von Forschungsbedarfen
Zur Priorisierung der Forschungsfragen können die Kriterien hilfreich sein, die auch für die Auswahl von Leitlinienthemen sinnvoll sind, wie z.B. Krankheitslast oder Praxisvariation in der Versorgung.
Begründung für die Auswahl des Leitlinienthemas
Die Eingrenzung kann – bezogen auf einen Themenkomplex oder auf alle Themen einer Leitlinie - mittels Befragung der Leitliniengruppenmitglieder anhand einer Likert-Skala erfolgen.
Um bei gesehenem Bedarf Forschungsausschreibungen anzuregen, kann der Forschungsbedarf z.B. Forschungsfördernden wie dem BMG, BMBF, deutsche Krebshilfe (DKH), Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) oder dem Innovationsausschuss am G-BA zur Kenntnis gebracht werden.