Formate und Verbreitung von Leitlinien

Das Bereitstellen verschiedener Versionen ist eine gute Hilfe für die Verbreitung und Unterstützung der Implementierung der Leitlinien (1). Dazu gehören sowohl Formate für professionelle Nutzende als auch laienverständliche Formate.

Formate für professionelle Nutzende (z.B. Lang- und Kurzversion, Leitlinienreport)

Dazu gehören zum einen die Langversion mit Hintergrundinformationen, sowie ggf. Evidenzzusammenfassungen und ein Leitlinienreport für die Beschreibung der Methodik, der Transparenz über den Entwicklungsprozess der Leitlinie schafft und damit die Vertrauenswürdigkeit der Leitlinie nachvollziehbar macht.

Eine einheitliche redaktionelle Aufbereitung (Einsatz von Templates zur Erstellung und Aktualisierung von S2e-, S2k- und S3-Leitlinien, Musterevidenztabelle und Leitlinienreport, Verlinkung der Literatur mithilfe von Literaturverwaltungsprogrammen) (2), ggf. auch fachgesellschaftsspezifisch, und das Einhalten von Berichtsstandards erleichtern den raschen Überblick.

Klarheit und Gestaltung

Zusätzlich ist eine Kurzfassung mit der Zusammenfassung der Empfehlungen und/oder übersichtlichen Flussdiagrammen zum optimalen Versorgungsablauf bzw. das Einbetten der Empfehlungen in klinische Algorithmen für die schnelle Information in der Praxis hilfreich.

In Anlehnung an die „Choosing Wisely“ Kampagne (3) wird die Hervorhebung der wichtigsten negativen und positiven Leitlinien-Empfehlungen als „Gemeinsam Klug Entscheiden“- Empfehlungen empfohlen. Diese sollten idealerweise zusammen mit laienverständlichen Formaten publiziert werden (4) (siehe auch Laienverständliche Formate).

Das Ausweisen von Empfehlungen, die für studentische Lernziele geeignet sind und der Abgleich mit bestehenden Lernzielkatalogen kann für die Verbreitung von Leitlinien im Studium hilfreich sein.

Weitere Möglichkeiten der Verbreitung sind Abdrucke in Fachzeitschriften, Praxishilfen für die Umsetzung der Empfehlungen, Kitteltaschenversionen sowie Fortbildungsmaterialien wie Folien-Sets und CME-Beiträge.

Laienverständliche Formate (z.B. Patient*innenleitlinie, Entscheidungshilfe)

Sehr zu empfehlen ist die Erstellung von laienverständlichen bzw. Patient*innenversionen, denen eine immer größere Bedeutung zukommt (5, 6). Wichtig ist eine durchgängig laienverständliche Sprache und Aufbereitung im Sinne der betroffenen Patient*innen/Bürger*innen (7, 8).

An Patient*innenleitlinien, die im AWMF Register publiziert werden, werden Mindestqualitätsanforderungen in Bezug auf Angaben zu den Autor*innen und Bezug zu der zugrunde liegenden Leitlinie gestellt (siehe Regeln der AWMF für die Leitlinienpublikation, Punkt 5).

Eine weitere Möglichkeit laienverständlicher Formate sind kurze Zusammenfassungen und/oder Erläuterungen der wichtigsten Empfehlung(en) in allgemeinverständlicher Sprache, z.B. als „Gemeinsam Klug Entscheiden“ -Empfehlungen, die kriteriengestützt mit Betroffenen ausgewählt werden (4). Das Format „Entscheidungshilfe“ kann die Betroffenen darüber hinaus unterstützen.

Digitale Leitlinienformate

Digitale Leitlinienformate können z.B. in Form einer mobilen Webseite oder als App erarbeitet werden sowohl für Professionelle als auch für Patient*innen/Bürger*innen (z.B. Decision Aids) (9, 10). Es empfiehlt sich, bereits die Erarbeitung der Leitlinie in einem Content-Management- System (CMS) vorzunehmen, das aufgrund der Datenstrukturierung die digitale Überführung an den „Point of Care“ oder in andere Wissenssysteme anhand von Programmierschnittstellen erlaubt.

Auf die Verwendung international vereinbarter Terminologien (SNOMED - Systematized Nomenclature of Medicine Clinical Terms) (11) und Spezifikationen (EBMonFHIR (The Fast Healthcare Interoperability Resources (FHIR) Resources for Evidence-Based Medicine (EBM) Knowledge Assets project (EBMonFHIR)) (12) sollte geachtet werden. Bei Übernahme von Leitlinieninhalten in Plattformen anderer Anbietenden sind vertragliche Vereinbarungen zur Sicherung der Urheber*innenrechte wichtig.

Urheber*innen- und Verwertungsrechte von Leitlinien

Ziel der Digitalisierung von Leitlinien insgesamt ist die kontinuierliche Einpassung von Leitlinienempfehlungen in einen Qualitätsverbesserungszyklus mit Austausch strukturierter Daten von der Evidenzgenerierung, Zusammenfassung, Verbreitung und Umsetzung (Evidence-Ecosystem siehe Abb. 12) (13).Dazu bietet sich das Konzept der „Living Guideline“ an.

Planung der Aktualisierung

Abbildung 14: Evidence Ecosystem (Quelle: MAGIC Evidence Ecosystem Foundation)

AWMF-Regel für das Leitlinienregister: Einreichung zur Publikation bei der AWMF (Auszug):

Handelt es sich um S1-Handlungsempfehlungen und S2- oder S3-Leitlinien:

  • Angaben zum methodischen Vorgehen in Bezug auf die angestrebte Klassifikation S1, S2k, S2e, S3 liegen vor (siehe Regeln zur Klassifikation S1, S2k, S2e, S3)

Geht aus der Beschreibung zum methodischen Vorgehen im Rahmen der Leitlinienentwicklung (Leitlinienreport) nicht hervor, dass die Kriterien für die angegebene Klassifikation erfüllt wurden, erfolgt gegebenenfalls eine Korrektur der Klassifikation

  • Eingereichte Patient*innenleitlinien werden vom AWMF-IMWi im 4-Augen-Prinzip geprüft auVerweis auf die zugrunde liegende Leitlinie und Übernahme der Empfehlungen
    • Angaben zu den Autor*innen inkl. der Beteiligung von Patient*innen
    • Angaben zum Erstellungsprozess inkl. eines Interessenkonfliktmanagements
    • Abstimmung mit der Leitliniengruppe

Bezug zum AGREE II-Instrument

Domäne 4: Klarheit der Gestaltung

Kriterium 17: Die Schlüsselempfehlungen der Leitlinie sind einfach zu finden.

Hilfen und Tipps:

  • Versionen einer Leitlinie auf der AWMF-Webseite: Leitlinien-Versionen einer Leitlinie sind unter der Registernummer auf der AWMF- Webseite einzeln abrufbar (z.B. Langversion, Kurzversion, Patient*innenleitlinie, Leitlinienreport) siehe Abb. 13.

  • Für das Zitieren von Leitlinien empfehlen wir folgende, übliche Zitierweise: Federführende Fachgesellschaft(en), Titel der Leitlinie, Version, Datum, Verfügbar unter: Link zur Seite der Leitlinie bei der AWMF, Zugriff am (Datum)

  • Für Publikationen zu Leitlinien, die in Datenbanken wie z.B. Medline gelistet sind, empfehlen wir, alle Mitglieder der Leitliniengruppe, z.B. als „Collaborators“ zu nennen

Abbildung 15: Beispiel für die Darstellung von Leitlinien auf der AWMF-Internetseite

  • Bitte beachten Sie, dass eine Verlinkung immer zur jeweiligen Leitlinien-Detailansicht und nicht direkt auf das PDF der jeweiligen Leitlinie (sog. Deep-Link) erfolgen soll. Hier ein Beispiel: S3-Leitlinie Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE)
  • Format-Vorlagen für die Leitlinienerstellung von S2 und S3 Leitlinien siehe Abb. 15, Vorlage für den Leitlinienreport siehe Anhang 10
  • Beispiele für „Gemeinsam Klug Entscheiden-Empfehlungen siehe Abb. 16 + 17 und für eine Entscheidungshilfe Abb. 19
  • Ein Beispiel für das Ausweisen studentischer Lernziele in Leitlinien siehe Abb. 18 Abbildung 16: S2e-, S2k- und S3-Template

Abbildung 16: S2e-, S2k- und S3-Template

Quelle: S3-Leitlinie: Infarkt-bedingter kardiogener Schock - Diagnose, Monitoring und Therapie

AWMF-Registernummer 019-013 (Stand: 28.02.2019) https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/019-013 

Abbildung 18: Beispiel für eine laienverständliche „Gemeinsam Klug Entscheiden“-Empfehlung

Quelle: S3-Leitlinie: Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms

AWMF-Registernummer 032-045OL (Stand: 01.12.2017) https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/021-008 

Abbildung 19: Beispiel für das Ausweisen eines studentischen Lernziels in Leitlinien