
Leitlinien-Detailansicht
Einwilligung von Menschen mit Demenz in medizinische Maßnahmen
Stand: 31.10.2019 , gültig bis 30.10.2024
7.10.2020: redaktionell überarbeitete Langfassung ausgetauscht
Adressaten
Patientenzielgruppe
Versorgungsbereich
-
Basisdaten
Verfügbare Dokumente
Langfassung der Leitlinie "Einwilligung von Menschen mit Demenz in medizinische Maßnahmen"- Download
- 6,27 MB
Leitlinienreport- Download
- 0,81 MB
Kommentierung der Leitlinien durch die Berufsverbände_Zusammenfassung_2019Angaben zu InteressenkonfliktenVerbindung zu themenverwandten Leitlinien
Federführende Fachgesellschaft
Deutsche Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie e.V. (DGGG)VisitenkarteDeutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. (DGPPN)VisitenkarteDeutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN)Visitenkarte -
Anwender- & Patientenzielgruppe
Adressaten
Ziel ist es die mit der Behandlung und Betreuung von Menschen mit Demenz befassten Personen eine systematisch entwickelte Hilfe zum Umgang mit potenziell einwilligungsunfähigen Personen zu bieten. Dazu gehören Ärzte, Psychologen und Pflegekräfte der beteiligten Fachgesellschaften und Organisationen und sie dient zur Information von weiteren Personen (z.B. Ärzte weiterer Fachgesellschaften, sonstigen Therapieberufen und Sozialarbeitern). Der Schwerpunkt liegt auf einwilligungspflichtige medizinische Maßnahmen (u.a. Diagnostik, Therapie) und auf denjenigen praktischen Situationen, in denen die Einwilligungsfähigkeit der Betroffenen erforderlich ist. Darüber hinaus bietet die Leitlinie Informationen für Erkrankte, Angehörige, gesetzliche Betreuer und sonstige Betreuungsbevollmächtigte sowie allen anderen Personen, die mit Menschen mit Demenz umgehen und für Entscheidungsträger im Gesundheitswesen.Patientenzielgruppe
Patientenzielgruppe dieser Leitlinie sind Erwachsene zumeist hochbetagte Menschen mit einem ärztlich diagnostizierten Demenzsyndrom (nach ICD-10-Kriterien). Zunächst nicht beachtete wird das Delir. Die im Folgenden aufgeführten Studien schließen als Studienpopulation fast ausschließlich Menschen mit Alzheimer Demenz, manchmal auch Menschen mit vaskulärer oder gemischter Demenz ein. Die zitierten Studienergebnisse sind folglich nicht unbedingt übertragbar auf andere Formen der Demenz.Versorgungsbereich
Ambulanter, teilstationärer und stationärer Sektor sowie häusliche Pflege und Versorgung. -
Herausgeber & Autoren
Federführende Fachgesellschaft
Deutsche Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie e.V. (DGGG)VisitenkarteDeutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. (DGPPN)VisitenkarteDeutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN)VisitenkarteBeteiligung weiterer AWMF-Gesellschaften
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e.V. (DEGAM)VisitenkarteDeutsche Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie (DGGPP)VisitenkarteDeutsche Gesellschaft für Zahnerhaltung e.V. (DGZ)VisitenkarteDeutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie e.V. (DGAV)VisitenkarteDeutsche Gesellschaft für Humangenetik e.V. (GfH)VisitenkarteAkademie für Ethik in der Medizin e.V. (AEM)VisitenkarteDeutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI)VisitenkarteDeutsche Gesellschaft für Medizinrecht e.V. (DGMR)VisitenkarteDeutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG)VisitenkarteDeutsche Gesellschaft für Chirurgie e.V. (DGCH)VisitenkarteDeutsche Gesellschaft für Pflegewissenschaft e.V. (DGP)VisitenkarteDeutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP)VisitenkarteDeutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin e. V. (DGN)VisitenkarteDeutsche Gesellschaft für Implantologie im Zahn-, Mund- und Kieferbereich e.V. (DGI)VisitenkarteDeutsche Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM)VisitenkarteBeteiligung weiterer Fachgesellschaften/Organisationen
Deutsche Gesellschaft für Psychologie e.V., DGPsDeutsche Gesellschaft für Alterszahnmedizin (DGAZ)Institut für Philosophie, Heinrich-Heine-Universität DüsseldorfInterdisziplinärer Arbeitskreis Zahnärztliche Anästhesie, IAZAArbeitskreis Ethik der DGZMKDeutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. – Selbsthilfe DemenzDeutsche Gesellschaft für Soziale Arbeit (DGSA)Deutsches Netzwerk zur Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP)Betreuungsgerichtstag e.V. (BGT)Ansprechpartner (LL-Sekretariat):
Dr. Valentina Tesky e-Mail sendenLeitlinienkoordination:
Prof. Dr. Johannes Pantel Deutsche Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG)Leitlinienkoordination:
Prof. Dr. Julia Haberstroh Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs)
-
Inhalte
Gründe für die Themenwahl:
Das medizinische Versorgungssystem wird in den nächsten Jahren mit einer dramatisch wachsenden Zahl an Menschen mit Demenz konfrontiert. Bundesweit sind bereits über 1.4 Millionen Menschen an einer Demenz erkrankt; eine Verdoppelung bis 2050 ist möglich. Menschen mit Demenz sind in der Regel multimorbide und leiden neben der Demenz durchschnittlich an 4-6 weiteren Grunderkrankungen; sie sind folglich angewiesen auf medizinische Maßnahmen und werden regelmäßig mit diesbezüglichen Entscheidungen (Diagnostik, Behandlung) konfrontiert. Jede medizinische Maßnahme, die in die körperliche Unversehrtheit eingreift, erfüllt sowohl in straf- als auch in zivilrechtlicher Hinsicht den objektiven Tatbestand der Körperverletzung. Sie ist jedoch dann gerechtfertigt, wenn eine wirksame Einwilligung vorliegt. Voraussetzungen einer rechtlich wirksamen Einwilligung sind, dass einem einwilligungsfähigen Patienten adäquate Informationen dargeboten werden und dieser daraufhin eine freiwillige Entscheidung treffen kann. Um beurteilen zu können, ob eine rechtlich wirksame Einwilligung vorliegt, bedarf es folglich zum einen der Beurteilung der Einwilligungsfähigkeit, zum anderen der Beurteilung der Adäquatheit der Information. Die Beurteilung der Einwilligungsfähigkeit bezieht sich stets auf eine konkrete Entscheidungssituation und nicht auf eine generelle Einwilligungsunfähigkeit für alle möglichen Entscheidungen. Ob eine Person einwilligungsfähig ist, beurteilt der behandelnde Arzt. Während für die Beurteilung der Einwilligungsfähigkeit von kognitiv unbeeinträchtigten Menschen hohe Beurteilerübereinstimmungen erzielt werden, weisen Studien darauf hin, dass die Beurteilerübereinstimmung bei Menschen mit leichter Demenz nicht größer als zufällig ist, dass jedoch durch die Vermittlung von Kriterien und Prozeduren der informierten Einwilligung die Beurteilerübereinstimmung signifikant erhöht werden kann. Eben diese Kriterien und Prozeduren sind bislang in der medizinischen Praxis in Deutschland und anderen deutschsprachigen Ländern unzureichend bekannt, der entsprechende Bedarf an einer offiziellen Leitlinie wird von Medizin- und Rechtspraktikern sowie Medizinethikern als hoch eingestuft. Am 24. Februar 2009 wurde die UN-BRK in Deutschland ratifiziert. Laut Artikel 12, UN-BRK darf Menschen mit Behinderung (hierzu zählen auch Menschen mit Demenz) nicht allein aufgrund ihrer Behinderung ihr Recht auf Selbstbestimmung abgesprochen werden. Es wird vielmehr gefordert, dass die Vertragsstaaten Menschen mit Behinderungen den Zugang zu Unterstützung bereitstellen, die sie eventuell benötigen, um zu rechtswirksamen Entscheidungen befähigt zu werden. In der medizinischen und rechtlichen Praxis besteht bislang Unsicherheit, 1. welches Prozedere beim Einholen einer informierten Einwilligung (unter Berücksichtigung von Risiken, Komplexität und Zeitdruck) zu durchlaufen ist, 2. wie die Adäquatheit der Information gewährleistet werden kann (Person-Umwelt Passung), 3. wie Einwilligungsfähigkeit von Menschen mit Demenz valide beurteilt werden kann (Assessment), 4. wie Einwilligungsfähigkeit ggf. hergestellt werden kann (Supported Decision Making) und 5. wie Entscheidungen gemäß Willen und Präferenzen (vgl. UN-BRK) des Patienten getroffen werden können, soweit Einwilligungsfähigkeit nicht herstellbar ist (Vorausplanung und Stellvertretung). Bezüglich dieser Fragestellungen soll die anzumeldende Leitlinie Handlungssicherheit schaffen.
Zielorientierung der Leitlinie:Ziel dieser Leitlinie ist es, strukturierte Empfehlungen zur Sicherung der Handlungsfähigkeit von Menschen mit Demenz (insbesondere im Sinne der Selbstbestimmung) bei Entscheidungen über medizinische Maßnahmen (Diagnostik, ärztliche Heilbehandlung, palliativmedizinische Maßnahmen) zur Verfügung zu stellen, die medizinische, medizin-rechtliche, medizin-ethische und gerontopsychologische Anforderungen erfüllen. Auf Seiten der Patienten soll hiermit Autonomie (Entscheidungen in der Situation, Berücksichtigung von früheren Willensäußerungen, Wertenscheidungen) und Wohl ermöglicht werden. Auf Seiten der Ärzte soll die ethische Qualität der Entscheidung und die Rechtsmäßigkeit (u.a. informierte Einwilligung) gefördert werden. Um diese Ziele zu erreichen, sollen nicht nur die Eigenschaften des Patienten berücksichtigt werden, sondern es sollen auch Empfehlungen zur Gestaltung von Entscheidungskontexten (Situation, Interaktion) unterbreitet werden, in denen sich Handlungsfähigkeit realisieren kann.
Bitte loggen Sie sich ein.