Resolution der Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin: „Qualität des Medizinstudiums erhalten – aber nicht durch Bachelor/Master“ (Oktober 2009)

Die Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin spricht sich für einen Erhalt des guten Ausbildungsniveaus im medizinischen Studium aus. Die von Teilen der Politik aktuell geforderte Einführung eines Bachelor-/Master-Studiums auch in der Medizin im Zuge des sogenannten Bologna-Prozesses ist nicht geeignet, dieses Ziel zu fördern.

Die wesentlichen Elemente des 1999 beschlossenen sogenannten Bologna-Prozesses sind europaweit vergleichbare Studienabschlüsse, die Einführung eines zweigestuften Ausbildungssystems (Bachelor-/Master) sowie eine erhöhte Mobilität der Studierenden. Besonders hervorgehoben wurde das Ziel, die Zahl der Studienabbrecher zu reduzieren.

Die zum Teil hohen Abbruchquoten (im Bereich Sprach- und Kulturwissenschaften lagen diese regelmäßig über 40 Prozent) betragen laut einer aktuellen HIS-Studie aus dem Jahre 2008 im Medizinstudium lediglich fünf Prozent und können somit kaum noch weiter abgesenkt werden. Dieser Wert belegt nach Auffassung der Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin eindeutig die Attraktivität und Qualität der derzeitigen Organisation des Medizinstudiums. Eines der zentralen Ziele der Bologna-Reform ist damit bereits erfüllt.

Vergleichbares gilt für die angestrebte Erhöhung der Mobilität der Studierenden. In mehreren Untersuchungen zu studienbezogenen Aufenthalten deutscher Studierender in anderen Ländern hat sich gezeigt, dass Studierende in Bachelor-Studiengängen erheblich weniger mobil sind als Studierende anderer Studiengänge. Die Mobilität von Studierenden in Staatsexamens- und Magister-Studiengängen ist um den Faktor zwei bis drei höher. Fächerspezifisch zeigt sich, dass Medizinstudenten - gleich hinter den Studenten der Sprach- und Kulturwissenschaften - die Studentengruppe mit der größten Mobilitätsquote sind.

Die angemahnte verbesserte Vergleichbarkeit der europäischen Studienabschlüsse ist für die Medizin bereits seit 1993 durch die Europäische Richtlinie 93/16/EWG (ab 2007: Richtlinie 2005/36/EG) abschließend geregelt. Medizinische Studienabschlüsse sind ohne Einschränkungen vergleichbar. Eine weitere Verbesserung durch eine Einführung von Bachelor-und Master-Studiengängen ist insoweit kaum möglich.

Weiterhin weist die Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin darauf hin, dass das ärztliche Studium nach den Vorgaben der Europäischen Union und der ärztlichen Approbationsordnung aus dem Jahre 2002 mindestens sechs Jahre (das heißt 5.500 Stunden theoretischer und praktischer Unterricht) an einer Universität umfassen muss. Im Rahmen eines auf sechs Semester begrenzten Bachelor-Studiums wäre folglich nicht einmal ansatzweise eine Arztausbildung zu leisten.

Ein "Bachelor of Medicine" wäre zudem ein akademischer Abschluss ohne Berufsbild. Als Arzt kann der Bachelor nicht praktizieren, da ihm nicht nur die Fähigkeiten, sondern auch die Rechtsgrundlage mangels sechsjähriger ärztlicher Grundausbildung fehlt. In der Forschung kann er mangels wissenschaftlicher fundierter Ausbildung ebenfalls nicht arbeiten. Dies betrifft auch die pharmazeutische Industrie. Für eine "Akademisierung der Gesundheits-Hilfsberufe" bieten sich andere Formen, beispielsweise Aufbaustudiengänge an Fachhochschulen, an.

Aus all den genannten Gründen lehnt die Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin die Einführung eines Bachelor-/Master-Ausbildungssystems für das Fach Medizin in Deutschland ab.

In Zeiten zunehmenden Ärztemangels spricht sich die Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin stattdessen für eine Steigerung der Attraktivität des Medizinstudiums aus. Hierbei ist auf eine Verbesserung der Studienbedingungen abzustellen. So ist der Zuschuss der Bundesländer für den jeweiligen Studienplatz in der Medizin seit Jahren rückläufig. Hier müssten die Reformbemühungen der Bundesländer ansetzen. Exzellenter wissenschaftlicher Nachwuchs ist eine Grundvoraussetzung für den medizinischen Fortschritt von morgen. Problematisch erscheint auch, dass eine erhebliche Anzahl der Studienabsolventen in den nicht kurativen Bereich oder ins Ausland abwandert. Um dies zu verändern, sind die Arbeitsbedingungen, gerade auch in der Forschung, nachhaltig zu verbessern.

Die Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin wird von folgenden Institutionen getragen:

Deutscher Hochschulverband:
Präsident: Universitätsprofessor Dr. Bernhard Kempen

Bundesärztekammer
Präsident: Professor Dr. Jörg-Dietrich Hoppe

Marburger Bund
Vorsitzender: Rudolf Henke

Medizinischer Fakultätentag
Präsident: Universitätsprofessor Dr. Dieter Bitter-Suermann

Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF)
Präsident: Universitätsprofessor Dr. Karl Heinz Rahn

Bundesvereinigung der Landeskonferenzen ärztlicher und zahnärztlicher Leiter von Kliniken, Instituten und Abteilungen der Universitäten und Hochschulen Deutschlands
Vorsitzender: Universitätsprofessor Dr. Christian Ohrloff

Deutsche Gesellschaft für Medizinrecht
Präsident: Dr. Albrecht Wienke (Mitglied des AWMF-Präsidiums)

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