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Angemeldetes Leitlinienvorhaben
Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen PatientInnen
01.08.2017
30.11.2020
Häufigkeit des Versorgungsproblems
Ca. die Hälfte aller Patienten nutzen komplementäre und alternative Medizin (KAM) – die Anzahl der Patienten, die sich für das Thema interessieren dürfte höher liegen. Bei einigen Tumorarten liegt die Nutzerrate bei 80 bis über 90 Prozent. Dem entgegen steht das geringe Wissen der behandelnden Onkologen zu dem Thema, das damit auch meist fehlende Angebot an wissenschaftlich fundierter Beratung das in starkem Kontrast zu einem auch für Experten kaum noch zu überblickenden Angebot in Institutionen, Praxen und Medien steht. Dieses Angebot unterliegt in Deutschland kaum einer Kontrolle im Hinblick auf möglichen Schaden für den Patienten und keiner Kontrolle im Hinblick auf Seriosität. Anzustreben ist eine qualitativ hochwertige Beratung zu oder Behandlung mit komplementären Verfahren.
Verbesserungspotentiale der Versorgungsqualität
Es besteht ein hoher Bedarf an verlässlicher, leicht zu findender und auf den individuellen Behandlungsfall zu beziehender Information für Ärzte, andere Fachgruppen und Patienten (und andere Laien). Bisher erfolgt die Beratung überwiegend durch nicht onkologisch spezialisierte Ärzte und Heilpraktiker oder Laien. Für die Fortbildung der Ärzte gibt es keine verbindlichen qualitätsgesicherten Curricula. Eine Leitlinie ist ein wesentliches Element, um Beratungsinhalte zu definieren und vorzugeben, könnte aber auch als Orientierung für Fortbildungsangebote dienen. Damit könnte es gelingen, flächendeckend die Qualität der Beratung zu verbessern, indem Patienten Beratungsangebote, die sich an der Leitlinie orientieren von anderen unterscheiden könnten und sogar speziell auf diese verwiesen werden. Dies wäre auch eine wesentliche Orientierungshilfe für Ärzte, die ihre Patienten an qualitativ gut arbeitende Beratungsstellen verweisen wollen.
Versorgungsunterschiede
Daten zu Versorgungsunterschieden in Deutschland gibt es nicht. Aus anderen Ländern gibt es widersprüchliche Daten zur Verteilung der Ausgaben in Bezug auf sozialen Status (Skandinavien) bzw. Versichertenstatus (USA). In Deutschland müssen Patienten einen großen Teil der KAM selber bezahlen. Hieraus könnten sich Versorgungsunterschiede ergeben.
Ökonomische Bedeutung
Es existieren nur unzureichende Daten zur ökonomischen Bedeutung von KAM in Deutschland. Wie viel hiervon im Rahmen der Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenkasse finanziert wird und wie hoch der Anteil der durch die Patienten finanzierten Anwendungen ist, ist ebenfalls unbekannt. Viele der Verfahren werden als Selbstzahlerleistungen angeboten. Die Bandbreite der Kosten ist sehr hoch und kann im Einzelfall bis zu mehreren Tausend Euro gehen.
Ethische und soziale Aspekte
Der Umgang mit komplementärer und alternativer Medizin steht in engem Zusammenhang mit Themenfeldern wie Arzt-Patienten-Beziehung, Patientenkompetenz und partizipativer Entscheidungsfindung. Man kann davon ausgehen, dass ein Teil der Patienten nach komplementärer Therapie sucht, weil sie sich im aktuellen Gesundheitssystem nicht mehr als Mensch mit einer schweren lebensbedrohlichen Erkrankung wahrgenommen und betreut fühlen. Viele Methoden der komplementären Medizin reklamieren deshalb für sich Ganzheitlichkeit und Salutogenese. Die erfolgreichen Anbieter haben häufig eine hohe Behandler-Patientenbindung. Dazu kommt, dass die Methoden häufig an laienätiologischen Vorstellungen zur Karzinogenese und Tumortherapie orientiert und damit für den Laien leicht verständlich sind. (Münstedt 1996) Eines der zentralen Anliegen der Patienten beim Einsatz von KAM ist es, einen eigenständigen Beitrag zur Therapie zu leisten und autonom handeln zu können. Diese Motive sind zu begrüßen und sollten deshalb unterstützt werden. Gleichzeitig kommt es aber dabei auf ethische Maßstäbe, insbesondere eine umfassende auf wissenschaftlichen Daten basierende Aufklärung über Nutzen und Risiken bei KAM an. Nur auf der Basis dieser ehrlichen und nicht von ökonomischen Überlegungen geleiteten Aufklärung ist eine autonome Entscheidung im Sinne der partizipativen Entscheidungsfindung möglich. Angebote der alternativen Medizin insbesondere in der sensiblen Situation eines Patienten mit weit fortgeschrittenen Tumorleiden machen jedoch häufig Versprechungen und wecken damit die Hoffnung von Patienten ohne realistisches Substrat. Hierdurch werden grundlegende ethische Gebote verletzt. Hiermit ist die Bedeutung einer S3 Leitlinie zu KAM in der Onkologie auch aus ethischer Sicht gegeben.
Koordinationsbedarf (interdisziplinär, interprofessionell)
Die Beratung zu und Behandlung mit komplementären und alternativen Verfahren findet häufig nicht durch den Onkologen, sondern durch Ärzte anderer Fachgebiete (Hausarzt, betreuender Facharzt mit Zusatzbezeichnung für Naturheilverfahren, Homöopath) oder Heilpraktiker und/oder Heiler statt. Oft entstehen Kooperationen, da Onkologen sich nicht in der Lage sehen, die Thematik selber zu beherrschen. Typische Vertreter der KAM-Methoden sind i.d.R. von ihrem geringen Schadenspotential bei gleichzeitig hohem Nutzenpotential überzeugt. Da diesen Anbietern in aller Regel eine onkologische Ausbildung fehlt, besteht eine hohe Gefahr von Fehlentscheidungen, die bei Tumorpatienten zu teilweise erheblichen Risiken führen können. Als Entscheidungsgrundlage ist deshalb eine S3 Leitlinie mit hoher nationaler Verbindlichkeit geeignet. Während in allen anderen Bereichen in der Medizin die Koordination der Leistungen durch die professionellen Mitarbeiter verschiedener Berufsgruppen erfolgt, ist im Bereich KAM oft der Patient der eigentliche Koordinator. Die Patientenleitlinie soll hierzu ausdrücklich Hilfestellung geben.
Die hohe Prävalenz der Nutzung von komplementären und alternativen Methoden sowie die große Variationsbreite sowohl der angewendeten Verfahren, als auch die nicht festgelegte Versorgungsqualität verlangen nach einer Optimierung der Versorgung von Patienten mit Tumorerkrankungen. In der S3-Leitlinie Komplementäre Onkologie sollen die wichtigsten zur komplementären und alternativen Medizin zählenden Methoden, Verfahren und Substanzen, die aktuell in Deutschland von Patienten genutzt werden bzw. ihnen angeboten werden, nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin bewertet werden.
Ziel der S3 Leitlinie Komplementäre Onkologie wird es sein, Ärzten und weiteren in der Behandlung von Tumorpatienten einbezogenem Fachpersonal sowie den Patienten selbst evidenzbasierte und formal konsentierte Empfehlungen (und Negativ-Empfehlungen) für anstehende Entscheidungen zu geben. Damit soll für alle in der Onkologie Tätigen (Ärzte, Pflegekräfte, Psychologen und andere Berufsgruppen) ein präzises Nachschlagewerk geschaffen werden, dass es ermöglicht Patientenfragen evidenzbasiert zu beantworten, ggf. aktiv Empfehlungen auszusprechen bzw. von konkreten Maßnahmen und Verfahren abzuraten.
Darüber hinaus sollen die Aus-, Fort- und Weiterbildung auf diesem Gebiet gefördert und Versorgungsstrukturen verbessert werden.
Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms
Supportive Maßnahmen in der Radioonkologie
Mundhöhlenkarzinom, Diagnostik und Therapie
Hodgkin Lymphom; Diagnostik, Therapie und Nachsorge von erwachsenen Patienten
Psychoonkologische Diagnostik, Beratung und Behandlung von erwachsenen Krebspatienten
Hepatozelluläres Karzinom, Diagnostik und Therapie
Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung
Diagnostik, Therapie und Nachsorge maligner Ovarialtumoren
Zervixkarzinom; Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Patientin mit ...
Prävention des Zervixkarzinoms
Plattenepithelkarzinome und Adenokarzinome des Ösophagus, Diagnostik und Therapie
Nierenzellkarzinom, Diagnostik, Therapie und Nachsorge
Früherkennung, Diagnose, Therapie und Nachsorge des Harnblasenkarzinoms
Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Patientinnen mit Endometriumkarzinom
Dr. Markus Follmann MPH, MSc
Office des Leitlinienprogramms Onkologie der AWMF, DKG und DKH, Berlin
Deutsche Krebsgesellschaft (DKG)Visitenkarte
Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO)Visitenkarte
Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie e.V. (DEGRO)Visitenkarte
Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG)Visitenkarte
Kompetenznetz „Komplementärmedizin in der Onkologie" (KOKON)
Arbeitsgruppe Leitlinien des Lehrstuhls für Naturheilkunde, Universität Duisburg-Essen
Prof. Dr. med. Jutta Hübner
Abt. Hämatologie und Intern. Onkologie
Klinik für Innere Medizin II
Am Klinikum 1
07747 Jena
Tel.: +49 3641/9324256
Prof. Dr. med. Jutta Hübner
Die S3-Leitlinie richtet sich an Personen, die an der Versorgung von TumorpatientInnen beteiligt sind. Hierzu gehören Ärztinnen und Ärzte aller Versorgungsbereiche, medizinisches Assistenzpersonal, Pharmazeuten, Apotheker sowie deren Assistenzpersonal. Sie richtet sich außerdem an TumorpatientInnen und deren Angehörige sowie andere interessierte Laien. Aufgrund des hohen medialen Interesses und der gesundheitspolitischen Bedeutung kann die Leitlinie auch für entsprechende Interessenvertreter wichtig sein. Hierzu gehören auch Kostenträger. Den verschiedenen Zielgruppen der Fachberufe und der Laien wird die Leitlinie durch die Ausgabe in verschiedenen Formaten gerecht werden.
Der Anwendungsbereich der Leitlinie umfasst den ambulanten und stationären Versorgungssektor
Die S3-Leitlinie KAM betrifft die Patienten während und nach der akuten Therapie im ambulanten wie stationären Bereich.
- Konsensuskonferenz(en) und nominale Gruppenprozesse
- Evidenzbasierung entsprechend den Methoden der evidenzbasierten Medizin: Nutzung von evidenzbasierten Leitlinien, systematische Übersichtsarbeiten, Meta-Analysen, HTA Berichten und Primärstudien
- Reviews und Studien werden nach Prüfung der Qualität und Relevanz für die Fragestellung nach den definierten Evidenzleveln bewertet.
- Die systematische Literaturrecherche wird in Evidenztabellen zusammengefasst und zusammen mit Daten der Sicherheitsanalyse den jeweiligen Arbeitsgruppen, die die verschiedenen Themenkomplexe bearbeiten, zusammen mit evtl. Texten aus Quellleitlinien zur Verfügung gestellt.
- Für die Punkte zu denen derzeit weder internationale Leitlinien noch systematische Reviews oder Metaanalysen oder kontrollierte Studien eine ausreichende Evidenz ergeben, wird ein Expertenkonsens angestrebt, für den die Arbeitsgruppen Formulierungsvorschläge erarbeiten. Für das Grading der Empfehlungen wird die Evidenzgraduierung nach Oxford genutzt.
- Generieren von Empfehlungen aus den entsprechend dem AWMF-Regelwerk
Eine Verbindung besteht außer zu den o.g. des Onkolgischen Leitlinienprogramms auch zu allen weiteren Leitlinien zu onkologischen Erkrankungen.
Angestrebt wird die Beteiligung von: Dt. Ges. f. Allgemein- & Viszeralchirurgie, Dt. Ges. f.Allgemeinmedizin & Familienmedizin; Dt. Ges. f. Chirurgie, Dt. Dermatologische Ges., Dt. Ges. f. Ernährungsmedizin, Akademie f. Ethik in der Medizin, Dt. Netzwerk Evidenzbasierte Medizin, Dt. Ges. f. Gesundheitsökonomie, Dt. Ges. f. Gynäkologie & Geburtshilfe, Dt. Ges. f. Innere Medizin, Bundesverb. Dt. Krankenhausapotheker, Dt. Ges. f. Palliativmedizin, Dt. Ges. f Pharmazeutische Medizin, Dt. Ges. f. Physikalische Medizin & Rehabilitation, Dt. Ges. f. Senologie, Dt. Ges. f. Urologie, Dt. Ges. f. Verdauungs- & Stoffwechselkrankheiten, Bundesverband pharmazeutisch-technischer AssistentInnen(BVpta), Deutsche Gesellschaft für Pflegewissenschaft (DGP), Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG), Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (DGHNO), Deutsche Gesellschaft für Phytotherapie (GPT), Deutsche Krebsgesellschaft (vertreten durch Arbeitsgemeinschaften – werden angefragt)
Kompetenznetzwerk KOKON, Arbeitsgruppe Leitlinien des Lehrstuhls für Naturheilkunde, Universität Duisburg-Essen, angestrebt Für die Berücksichtigung der PatientInnenperspektive sollen VertreterInnen aus dem Haus der Selbsthilfe möglichst mehrerer Verbände eingeladen werden. Geplant ist möglichst die Beteiligung mehrerer Vertreter. Angestrebt wird außerdem die Beteiligung von Berufsverbänden verschiedener Fachgebiete (z.B. Gynäkologie, Urologie, innere Medizin
Förderung durch das Leitlinienprogramm Onkologie der AWMF, DKG und DKH (www.leitlinienprogramm-onkologie.de)